Die Wirtschaftlichkeit des Energieträgers Wasserstoff ist abhängig vom Gesamtwirkungsgrad der Produktion und einer hohen Speichereffizienz. In dem Verbundvorhaben »Zn-H2« arbeiten Forschende unter der Leitung des Fraunhofer IZM an der Entwicklung einer kostengünstigen Zink-Batterie, die sowohl als Langzeitspeicher von Energie als auch zur Produktion von Wasserstoff genutzt werden kann.
Bisher gibt es keine marktreife Batterietechnologie, die aufladbare Zinkelektroden verwendet, wie z.B. wieder aufladbare Alkalimangan- oder Zink-Luft-Batterien. In Kooperation mit dem Start-up Zn2H2, der Technischen Universität Berlin und dem Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft werden die Grundlagen dieser innovativen Zink-Batterietechnologie erforscht und ein Demonstrator entwickelt.
Dr. Robert Hahn, Experte für Batterietechnologien am Fraunhofer IZM, sprach mit RealIZM über die vielversprechende Lösung für die langfristige Energiespeicherung, die Erzeugung von Wasserstoff und über die Rolle von Start-ups in der Innovationslandschaft.
Die Grundidee des BMBF-geförderten Projekts »Zn-H2« ist, vereinfacht formuliert, nicht den Wasserstoff selbst zu speichern, sondern eine reversible Zinkabscheidung zu verwenden, bei der Wasserstoff bedarfsgerecht während der Entladung freigesetzt wird. Hierzu ist die Entwicklung eines Speichers notwendig, der beim Laden auf der einen Seite aus Zinkoxid Zink erzeugt, während auf der Gegenseite Sauerstoff als Gas freigesetzt wird. Beim Entladen läuft die Reaktion in die andere Richtung: Zink wird mit Hilfe des im Elektrolyten vorhandenen Wassers oxidiert und der entstehende Wasserstoff an der Gegenelektrode freigesetzt.
»Im Gegensatz zur Akku-Technologie sind die elektrische Leistung und die speicherbare Energie weitgehend voneinander entkoppelt«, erläutert Dr. Robert Hahn, verantwortlich für die Koordination des Projekts. »Demzufolge ist der Kostenanstieg für die Steigerung der Speichermenge bei gleicher Leistung wesentlich kleiner. Es geht um den Return on Invest!«
Mit dem Zn2H2-System ist es möglich, Wasserstoff dezentral zu erzeugen, wodurch die erheblichen Verluste bei der Speicherung und dem Transport von Wasserstoff nahezu eliminiert werden.
Im Vergleich zum Einsatz von Lithium-Batterien für Stromspeicher für Zuhause (Home-Storage) amortisieren sich die wesentlich geringeren Kosten bei dem Zn2H2-System auch bei längerer Speicherung der Energie, also bei weniger Zyklen. Solarenergie ließe sich mit dem neuen Batteriesystem in Form von Zink zwischenspeichern und bei Bedarf durch die Herstellung von Wasserstoff und Elektrizität nutzen. Der Wirkungsgrad zur Stromspeicherung, d.h. wenn man mit dem entstehenden Wasserstoff wieder Elektrizität erzeugt liegt bei zirka 50 Prozent. Dies ist zwar geringer als der Wirkungsgrad von Lithium-Akkus, dennoch deutlich höher als der Wirkungsgrad bei der Verstromung von zwischengespeichertem, mit Elektrolyseuren erzeugtem Wasserstoff.
Das Zn2H2-System lässt sich dezentral einsetzen. »Die kleinste denkbare Einheit wäre ein Home-Speicher. Größere Einheiten könnten für Kommunen, Industriebetriebe oder Krankenhäuser zum Einsatz kommen«, beschreibt Dr. Hahn die Bandbreite der zukünftigen Einsatzszenarien. Diese Art der Energiespeicherung wäre ein »Game Changer«. Im Rahmen des Projekts wurden jetzt kleine Systeme aufgebaut (10-Zellen-Stacks), mit denen die Betriebsparameter sowie die Stoff- und Energieflüsse demonstriert werden können. Voraussetzung für Investitionen in die Produktionstechnik für große Systeme ist aber sicherlich ein die Herstellung eines größeren, funktionsfähigen Systems (10 – 100 kWh) durch die Industriepartner, um es unter realen Bedingungen zu testen.
Im vergangenem Projektjahr lag der Fokus auf der Entwicklung und Herstellung von Stacks mit zunächst 10 Zellen. Im Stack werden die Zellen in Reihe geschaltet. Jede Zelle sollte über die gleichen Parameter und alle Katalysatoren über die gleichen Eigenschaften verfügen. Ein Schlüssel dafür ist die Inbetriebnahme einer neuen Galvanik-Beschichtungsanlage am Fraunhofer IZM, mit der die Herstellung der Katalysatorelektroden auf größeren Flächen reproduzierbar möglich ist. Die Stacks werden an einem Teststand untersucht. Dabei können beliebige Umgebungsbedingungen und Lastzyklen simuliert werden.

Das Zink-Wasserstoff Speichersystem kann zu einem Zehntel der Kosten von Lithium-Batterien produziert werden und speist bedarfsgerecht Wasserstoff und Elektrizität in den Energiekreislauf. | © Zn2H2 Inc.
In Weltregionen mit häufigen Stromabschaltungen sind Lösungen mit Puffer-Speichern gefragt, um die Versorgung mit Notstrom weit mehr als nur wenige Stunden sicherstellen zu können. Ein weiteres Anwendungsfeld wäre die Notstromversorgung von Systemen wie z.B. Mobilfunkmasten. Im Fall von Stromausfällen sollten diese weiter funktionsfähig sein. Energieautonome Systeme mit Standorten in weit abgelegenen Gebieten ohne Stromleitungen in Afrika oder Asien verfügen bisher nur über eine Reserve von wenigen Stunden bis Tagen mit stationären Blei-Batterien. Auch hier würde das Zink-Speichersystem Vorteile bringen.
Technologische Herausforderungen der Zinkabscheidung und bi-funktionale Gaselektrode im Zn2H2-System
Beide Prozesse – die reversible Zinkabscheidung und die Funktion der Gaselektrode bei Ladung bzw. Entladung – sind mit technologischen Herausforderungen verbunden. Die bi-funktionale Gaselektrode produziert abwechselnd Sauerstoff (Ladung) und Wasserstoff (Entladung) über mehrere Tausend Zyklen und Betriebsstunden. Bei den alkalischen Elektrolyseuren werden ähnliche Katalysatoren verwendet, jedoch macht jede Elektrode immer das Gleiche: Sie fungiert entweder als Pluspol (Sauerstofferzeugung) oder Minuspol (Wasserstofferzeugung).

Funktionsprinzip des Zn2H2-Systems, (a) Laden mit Zinkabscheidung und Sauerstoffentwicklung; (b) Entladen mit Zinkauflösung, Wasserstofferzeugung und Abgabe von Strom. | © Zn2H2 Inc.
Vor dem Hintergrund der grünen Energiewende wird angestrebt, Elektrolyseure mit Solar- und Windkraftanlagen zu verbinden. Die Einspeisung erneuerbarer Energie ist jedoch wetterabhängig. »Dies hat zur Folge, dass die elektrische Eingangsleistung der Elektrolyseure schwankt. Durch die Zusammenschaltung in einem Stapelspeicher (Stack), kann es dabei auch zur Umpolung der einzelnen Zellen kommen«, beschreibt Dr. Hahn die erste der beiden Herausforderungen. »Das Forschungsinteresse an Katalysatoren, die trotz Umpolung stabil bleiben, ist daher sehr groß.« Der Zn2H2-Katalysator wurde am Fraunhofer IZM auf seine Stabilität bei über 5000 Oxidations-Reduktions-Zyklen während des Wechsels zwischen Wasserstoff- und Sauerstoffentwicklung getestet.
Die zweite Herausforderung besteht darin, kontinuierlich eine glatte stabile Zinkschicht mit hoher Dichte abzuscheiden. Ein Lösungsansatz wäre, andere Elektrolyte und Elektrolytadditive zu verwenden. Diese sind jedoch teurer im Vergleich zu dem jetzt verwendeten wässrigen KOH-Elektrolyten. Eine weitere Möglichkeit wäre, ein stabiles Gitter bzw. eine poröse Zinkelektrode zu verwenden, an dem sich das Zink gleichmäßig abscheidet und auflöst. Dies hat jedoch zur Folge, dass nur ein Bruchteil der Elektrode geladen bzw. entladen werden kann und die Energiedichte schlecht ausfällt.
Um die maximale Energie zu gewinnen, wird in dem Zn2H2-System daher der Ansatz verfolgt, das Zink komplett glatt abzuscheiden und zu entladen. Das Laden erfolgt mit Hilfe eines adaptiven Pulsladealgorithmus. Es werden Zinkelektroden mit 200 mAh/ cm2 geladen. Trotz einer grobkörnigen Oberfläche weisen sie eine hohe Dichte auf und sind mechanisch stabil.
»Unser Systemansatz weist eine Besonderheit gegenüber herkömmlichen Zink-Batterien auf. Bei gängigen Zink-Batterien wird metallisches Zink verwendet, das heißt die Batterie wird im geladenen Zustand montiert«, erläutert Dr. Hahn. »In unserem Fall startet die Batterie mit einem Stahlblech ohne Zink als Minuspol. Wir beginnen im entladenen Zustand.« Das Zink kommt erst durch das Zinkoxid, welches im Elektrolyten gelöst ist, ins Spiel. In den Zwischenräumen der Elektroden befindet sich eine ZnO-Paste. Die Dichte der ZnO-Paste wirkt sich auf die maximale Kapazität aus: Eine Pastendichte von 1,2 g/cm3 entspricht einer Energiedichte zur Stromspeicherung von 780 Wh/l.
»Für den Fall, dass es zu Problemen bei der Zinkabscheidung kommt, können wir die Zelle jederzeit entladen und das Zink vollständig entfernen.« Durch den Neustart der Zelle können beliebig viele Zyklen wiederholt werden. Voraussetzung ist, einen Reset- bzw. Reinigungszyklus durchzuführen.
Um die idealen Ladebedingungen für eine glatte Zinkabscheidung zu ermitteln, ist ein Nachfolgeprojekt geplant. In diesem sollen die elektrischen Parameter während des Aufladevorgangs und Variablen wie Temperatur, Elektrolytkonzentration und Dicke der Aufladung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) bzw. Maschinellen Lernens (ML) aufgezeichnet und ausgewertet werden.
Wissenschaft trifft Industrie: Fraunhofer IZM und Zn2H2 Inc. vereinen Kräfte
Bereits vor zehn Jahren haben Wissenschaftler*innen am Fraunhofer IZM daran geforscht, wie primäre Zink-Speicher zur Erzeugung von Wasserstoff genutzt werden können. »Bis dato war es uns jedoch nicht möglich, entladene Zink-Batterien ohne Nachfüllen von neuem Zinkpulver wieder in Funktion zu bringen«, beschreibt Dr. Hahn den damaligen Erkenntnisstand. Aufgrund von Veröffentlichungen wurden Chaim Markheim, CEO der Zn2H2 Inc., und Oren Rosenfeld, Entwicklungsingenieur bei der Zn2H2 Inc., auf die bisherigen Forschungsarbeiten des Fraunhofer IZM aufmerksam. Die Zn2H2 Inc. verfügt über Patente für sein einzigartiges reversibles Zink-Wasserstoff-Energiespeicherkonzept sowie für die Fortschritte in der Entwicklung von Zinkelektroden.
»Mit der Zn2H2 Inc. haben wir nun einen Industriepartner an unserer Seite, der über das Know-how über das Zn2H2-System verfügt.« Das Start-up ist seit 2022 zu Gast in der Start-a-Factory (SaF) und arbeitet sehr eng mit Dr. Robert Hahn und seinem Team zusammen.
Um die Grundlagen der neuartigen Zink-Batterietechnologie noch besser zu versehen, bedarf es einer umfassenden technischen Intrastruktur, Zugang zu Analytik und Expertise zu wiederaufladbaren Batterien, über all dies verfügt das Fraunhofer IZM. Um die Funktionsweise des wiederaufladbaren Zn2H2-Systems zu testen, muss dieses oft geladen und entladen sowie der entstehende Wasserstoff in der Brennstoffzelle verstromt werden. »Aufgrund unserer langjährigen Forschungsarbeiten an Batterietechnologien verfügen wir über ein spezielles Testlabor, in dem wir unsere Expertise zu Brennstoffzellen und Akkus vereinen«, führt Dr. Hahn aus.

Test des Gesamtsystems mit Zink-Wasserstoffspeicher, Wasserstoffabtrennung,
Brennstoffzelle sowie der von Zn2H2 entwickelten Steuerelektronik | © Fraunhofer IZM
Hinzukommen verschiedene Testmöglichkeiten wie z.B. die Zyklisierstationen mit mehreren hundert Testkanälen für die vollautomatische Ladung und Entladung der Zellen und Werkstoffanalytik, um die Zusammensetzung der Katalysatoren beispielsweise mit energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) routinemäßig zu untersuchen. »Für alle Beteiligten ist es ungemein praktisch in der täglichen Arbeit, die Laborproben schnell untersuchen zu können.«

Zn2H2 Entwicklungsetappen von links nach rechts: Funktionsdemonstrator, Stack Demonstratoren mit interner Elektrolytzirkulation, Stacks mit externer Elektrolytzirkulation | © Fraunhofer IZM
Von links nach rechts: Zn2H2 Stacks mit externer Elektrolytzirkulation; Katalysatorelektrode für sowohl Wasserstoff- als auch Sauerstofferzeugung | © Fraunhofer IZM
Die Erstellung der Stacks erfolgt in enger Zusammenarbeit des Start-ups mit der Start-a-Factory des Fraunhofer IZM.
Die 3D-gedruckten Kunststoffteile, die beim Bau des Stacks für den Demonstrator benötigt werden, werden beispielsweise in der Start-a-Factory gefertigt und kontinuierlich weiterentwickelt, erläutert Chaim Markheim, CEO der Zn2H2 Inc. Die genaue Auslegung der integrierten Kanäle für den Durchfluss des Elektrolyts spielt eine sehr große Rolle. Hierzu müssen verschiedene Designs ausgetestet werden.
Das Fraunhofer IZM verfügt außerdem über eine kleine Prototypen-Fertigungslinie, um alle benötigten Teile für den Demonstrator selber herzustellen und die gesamte Montage des Demonstrators zu realisieren. Mit Hilfe von Dispensier-Robotern wird beispielsweise das Dichtmaterial aufgetragen, um sicherzustellen, dass alle Dichtungen zwischen den einzelnen Zellen des Stacks reproduzierbar dicht sind.

Test des Gesamtsystems mit Zn2H2-Speicher und Brennstoffzelle am Teststand des Fraunhofer IZM | © Fraunhofer IZM
Die Rolle von Start-ups in der Innovationslandschaft des Fraunhofer IZM
Robert Hahn ist von der iterativen Herangehensweise der beiden Gründer und deren sequenziellen Arbeiten und fortlaufenden schnellen Verbesserung der Versuchsplanung fasziniert: »Persönlich kann ich meinen Kolleginnen und Kollegen am Fraunhofer IZM die Zusammenarbeit mit Start-ups und der Start-a-Factory nur empfehlen. Nirgendwo kann man das ganze Fraunhofer-Potenzial besser nutzen als hier.« Unternehmen, die mit der Start-a-Factory kooperieren, profitieren von der technischen Infrastruktur und Expertise des Fraunhofer IZM. Die beiden Gründer der Zn2H2 Inc. konnten beispielsweise sehr schnell ihre Idee in einem Labor des Forschungsinstitutes testen und weiterentwickeln. Die langwierige Beantragung der Zertifizierung für ein eigenes Chemielabor, in dem man mit KOH und anderen kritischen Substanzen arbeiten kann, entfiel.
Nach der Erfahrung von Dr. Hahn sind Industrieprojekte dahingehend befriedigender, da die Partner an ihre Ideen glauben und eine hohe Motivation haben, diese umzusetzen. Hinzu kommt die Zusammenarbeit mit Menschen, die genau verstehen, worum es geht und den Beitrag, den Forschungsinstitute beisteuern, wertschätzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Start-ups genau wissen, was ihr Produkt ist und in welche Richtung sie dieses weiterentwickeln wollen.
Als Leiter des Verbundprojektes kommt dem Fraunhofer IZM eine Vermittlerrolle zwischen den beteiligten Industriepartnern und den Experten für Grundlagenforschung zu. Die eine Seite will sehr tief in die Grundlagen gehen. Die andere Seite will möglichst schnell praktisch verwertbare Ergebnisse vorweisen. Die Arbeitsgruppe »Technische Chemie, Elektrokatalyse – Materialien« unter Leitung von Prof. Dr. Peter Strasser an der Technischen Universität Berlin und das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft unter Leitung von Prof. Dr. Beatriz Roldán Cuenya sind weitere wichtige Projektpartner, die sich auf die bestmögliche Weiterentwicklung des Katalysators fokussieren. »Als Institut für angewandte Forschung verstehen wir beide Seiten. Ich denke, deswegen haben wir auch sehr gute anwendungsnahe Ergebnisse«, fasst Dr. Hahn zusammen.
Zn-H2: Wasserstoffspeicherung mittels reversibler elektrochemischer Zinkzellen
Partner: Fraunhofer IZM (Koordination), Fraunhofer IFAM, Technische Universität Berlin, Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft, SteelPro Maschinenbau Inc., Zn2H2 Inc. (assoziiert)
Laufzeit: 10/2022 – 09/2025
Fördergeber: BMBF
Förderkennzeichen: 03SF0630A
Gesamtfördersumme: ca. 3,8 Mio. Euro
Webseiten: https://www.wasserstoff-leitprojekte.de/zn-h2 und https://zn2h2.com/
Add comment