Auf die Frage, was man als KFZ-Mechatroniker*in oder Restaurantfachmann/frau macht, können die meisten sicher eine Antwort geben. Doch viele Berufsbilder, die essentiell Anteil an der Forschung und am täglichen Leben leisten, sind von außen schwerer zu definieren.
Zwei dieser Berufe bildet das Fraunhofer IZM im Berliner Wedding aus – Mikrotechnolog*innen und Oberflächenbeschichter*innen. Gefragt ist dabei vor allem eines: mit Hand anlegen. Denn am Fraunhofer IZM wird anwendungsorientiert gearbeitet – in der Forschung und in der dualen Ausbildung.
RealIZM sprach mit Stefan Ast, Ausbildungsverantwortlicher am Fraunhofer IZM und Tobias Herrmann, Oberflächenbeschichter im zweiten Lehrjahr, welche Vorteile die Ausbildung zu Mikrotechnolog*innen und Oberflächenbeschichter*innen bietet und wie der Aufbau des Forschungsinstitutes dazu beiträgt, die Ausbildungszeit spannend, abwechslungsreich und herausfordernd zu gestalten.
Verborgene Technologie: Wie Mikrotechnologinnen und Oberflächenbeschichter*innen unseren Alltag prägen
Mikrotechnolog*innen und deren Arbeit sind heute mehr denn je in unserem Alltag präsent. Das liegt daran, dass sie Mikrochips und -sensoren herstellen, die in vielen Produkten verbaut sind, die wir benutzen. Doch das ist nicht alles. Der Weg zum Chip gehört genauso zum Berufsalltag, wie die Herstellung selbst. Angewandte Forschung wird in der Ausbildung großgeschrieben
© Fraunhofer IZM | Prüfung gesetzter Chips auf einem Substrat /
© Fraunhofer IZM | Waferbearbeitung im Reinraum
Mikrotechnolog*innen beschäftigen sich mit den Ausgangsmaterialien, wie Wafern und Substraten und bearbeiten sie so, dass neue Funktionen entstehen. Dabei kommen verschiedene Strukturierungsprozesse zum Einsatz: Beschichtung, Belackung, Belichtung, Entwicklung, Ätzung und anschließendes Dotieren. Mehr technische Arbeitsschritte wie das Vorbereiten von Prozessabläufen, die Planung von Versuchsreihen und das Einrichten und Überwachen von Produktionsanlagen gehören ebenfalls zum Arbeitsalltag von Mikrotechnolog*innen.
Wie diese Arbeitsabläufe aussehen, zeigen die Auszubildenden aus dem Ausbildungsjahr 2022/23 in einem eigens von ihnen produziertem Video.
© Fraunhofer IZM | Ausbildung am Institut 2023
Mikrotechnolog*in und auch Oberflächenbeschichter*in sind zwei anerkannte Ausbildungsberufe mit IHK-Abschluss. Unter fachkompetenter Anleitung lernen die Auszubildenden sehr schnell eigenständig und lösungsorientiert zu arbeiten. Das ist wichtig für die Forschung, aber auch, wenn man an einer Maschine arbeitet, führt Stefan Ast auf Nachfrage aus.
Denn was in der Ausbildung zum Mikrotechnologen vermittelt wird, mag sich zwar um Mikrokomponenten drehen, hat aber große Auswirkungen.
Die duale Ausbildung am Fraunhofer IZM konzentriert sich dabei vor allem auf Aspekte der Mikrosystemtechnologie – einer Spezialisierungsrichtung der Mikrotechnologie. Zentral sind dabei Aspekte der Lehre, Forschung und Entwicklung von Mikrosystemen – die Integration von mikromechanischen und mikrooptischen Bauelementen in komplexe Systeme – sowie Mikroverfahrenstechniken. Bei diesen werden physikalische oder chemische Prozesse untersucht – ein Bereich, mit dem sich auch die Oberflächenbeschichter*innen in ihrer täglichen Arbeit beschäftigen.
© Fraunhofer IZM | Nachkontrolle einer Leiterplatte in der Oberflächenbeschichtung
Die Arbeit von Oberflächenbeschichter*innen ist ähnlich zu der von Mikrotechnolog*innen nicht sichtbar auf den ersten Blick und doch überall um uns herum zu finden. Sie nutzen verschiedene Verfahren und Techniken, um Oberflächen aus den unterschiedlichsten Materialien – zum Beispiel Kupfer oder Stahl- zu beschichten und so deren elektrischen oder optischen Eigenschaften zu verbessern. Das kann eine kleine Schraube sein, eine Platine oder ein ganzes Fahrwerk. Am Ende schützt dieser Überzug vor Korrosion und Verschleiß. Das ist wichtig, da die Arbeit von Oberflächenbeschichter*innen unter anderem in der Luft- und Raumfahrttechnik eingesetzt wird.
Hands-on-Experiences: Forschung die zur Mitarbeit einlädt.
„Eine Besonderheit der Ausbildung ist, dass alle gleich von Anfang an voll mitarbeiten, in verschiedensten Abteilungen“, erklärt Stefan Ast. Interdisziplinarität wird, wie in der Forschung, auch in der Ausbildung gelebt. Offenheit für Neues spielt eine große Rolle. Daher ist es gut, dass man in der Ausbildung nicht allein ist. Ausbilder*innen und Kolleg*innen geben konkret Hilfestellung, wenn es gewünscht ist.
„Nicht selten kommen junge Leute während ihres Studiums an einer Universität oder Hochschule an einen Punkt, an dem sie feststellen, dass ihnen das Studium zu theoretisch ist. Die Ausbildung ist es streckenweise in unserem Bereich auch, aber mit sehr viel Praxisbezug. Was man lernt, wird gleich angewendet und landet nicht für Jahre erstmal in einem Ordner. Das hilft vielen und sie stellen fest, dass das, was sie am Anfang nicht mochten – Mathe, Physik, Chemie – ihnen doch liegt. Vor allem auch, weil sie dazu ermutigt werden, mitzudenken und mitzuhelfen.“
© Fraunhofer IZM | Komplexe Anlagen müssen gesteuert und überwacht werden
Das kann auch Tobias Herrmann bestätigen, der seit zwei Jahren eine Ausbildung zum Oberflächenbeschichter am Institut macht: „Für viele Versuchsreihen gibt es Datenblätter. Oder das Internet, wo genau beschrieben steht, welche Chemikalien für welche Beschichtung im Verhältnis gemischt werden müssen. Aber für viele auch nicht. Dann müssen wir selbst etwas zusammenmischen. Selbst mitdenken, tüfteln. Nicht möglich in vielen anderen Betrieben. Aber an unserem Institut schon.“
Die Auszubildenden durchlaufen – um alle geforderten Fachthemen des Berufsbilds praktisch zu erlernen – etwa ein Dutzend Arbeitsgruppen in verschiedenen Fachabteilungen und lernen dabei einen großen Teil der fast 70 Labore und drei Reinräume am Forschungsinstitut kennen.
Eine Erfahrung, die auch Schülerinnen beim jährlich stattfindenden Girls‘Day machen können. Das Fraunhofer IZM ist seit über zwei Jahrzehnten Teil des bundesweiten Aktionstages und der EnterTechnik, dem technischen Jahr für junge Frauen, bei dem Teilnehmerinnen einen Einblick in technische Berufe aus den MINT- und Handwerksbereichen erhalten. Denn das Ziel ist, den Anteil von Frauen in diesen Berufsgruppen – der 2022 bei 16% lag – stetig weiter zu erhöhen.
© Fraunhofer IZM | Schülerinnen beim Girls‘Day 2023 am Fraunhofer IZM Berlin
Ein weiterer Aspekt, der zu diesem Vorhaben beiträgt, ist die seit 2018 bestehende Kooperation des Fraunhofer IZM mit dem Berliner Gabriele-von-Bülow-Gymnasium. Die Zusammenarbeit hilft mehr Kontaktpunkte zwischen jungen Frauen und technischen Berufszweigen zu etablieren, z.B. in Form von Schülerpraktika. Die Einblicke, die dabei gesammelt werden, zeichnen ein genaueres Bild von spannenden Berufswegen und erleichtern eine mögliche Entscheidung bei dem Thema Berufsorientierung.
© Fraunhofer IZM | Einführung in den Reinraum beim Girls‘Day 2023 am Fraunhofer IZM Berlin
Ausbildungsberufe mit hohem Job – und Zukunfts-
potential
Ein weiterer wichtiger Grund, der die Ausbildung am Fraunhofer IZM so besonders macht, liegt in dem Potenzial, das die Berufsbilder bieten. Laut dem BMWK sind es vor allem die Bereiche des Handwerks, die Metall- und Elektroindustrie sowie der MINT-Bereich, die Fachkräfte suchen. Die Ausbildungen am Fraunhofer IZM gehören dazu und bieten Sicherheit und Chancen sich weiterzuentwickeln.
„Wenn man die Ausbildung mit guten Ergebnissen zum Abschluss bringt, braucht man sich um seine Zukunft keine Sorgen zu machen“, bestätigt Stefan Ast und fügt dann an: „Zudem gibt es Wege sich weiterzuentwickeln. Man kann später aufbauend einen Abschluss als Techniker machen oder man entscheidet sich für ein Studium. Auch ich bin diesen Weg gegangen. Nach meiner Ausbildung zum Werkzeugmacher habe ich studiert. Und nun, 20 Jahre später, sehe ich als Ausbildungsleiter, wie sehr die Praxiserfahrung den Auszubildenden hilft. Ich habe in meiner Zeit am Institut 50 von ihnen auf dem Weg zum Berufsabschluss begleitet und allen war das, was sie während der dreijährigen Ausbildungszeit am Fraunhofer IZM mitgenommen haben, eine große Hilfe bei späteren Entscheidungen.“
Das Fraunhofer IZM bildet ab Herbst 2024 Mikrotechnolog*innen und Kaufleute für Büromanagment aus. Eine Bewerbung zum Ausbildungsjahr 2024 ist noch bis zum 31. Januar 2024 über das Kariereportal des Fraunhofer IZMs möglich!
Eine Aussage, die auch Tobias Herrmann bestätigen kann: „Die Ausbildung hat mir in vielen Bereichen weitergeholfen. Dadurch, dass ich mich am Fraunhofer IZM so stark mit Chemikalien auseinandersetze, habe ich ein breites Wissen erworben, das sich auf zahlreiche Bereiche anwenden lässt. Und wer weiß, vielleicht führt einer meiner Beiträge am Institut dazu, dass in der Forschung ein neuer Standard gesetzt wird. Und das wäre eigentlich ganz cool.“
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