RealIZM sprach mit Malte von Krshiwoblozki, Gruppenleiter »System-on-Flex« am Fraunhofer IZM, über Forschungsprojekte und Zukunftsvisionen.
RealIZM: Was ist Ihr Werdegang am Fraunhofer IZM?
Malte von Krshiwoblozki: Ich habe Mikrosystemtechnik an der FHTW studiert und während meines Praxissemesters 2007 zum Fraunhofer IZM gefunden. Nach meinem Abschluss blieb ich in der Arbeitsgruppe »System-on-Flex«, was mir von Anfang an die Arbeit mit intelligenten Textilien ermöglichte. Inzwischen leite ich diese Arbeitsgruppe und bin verantwortlich für alle textilbezogenen Aktivitäten an unserem Forschungsinstitut.
Hatten Sie einen bestimmten Berufswunsch, den Sie nach Ihrem Studium verfolgen wollten?
Nun, um ehrlich zu sein, nicht wirklich. Ich habe Mikrosystemtechnik studiert, was bedeutet, dass man zunächst wenig mit intelligenten Textilien zu tun hat. Das erste Mal, dass ich mit intelligenten Textilien in Kontakt kam, war bei leitfähigen Reinraumanzügen. Abgesehen davon war dieses Thema – und ehrlich gesagt ist es immer noch –exotisch. Ich dachte immer, dass ich in einem klassischen Bereich der Mikrosystemtechnik landen würde. Deshalb war alles hier auch für mich eine ziemliche Überraschung. Es ist einfach so passiert.
Und trotzdem sind Sie hier: Können Sie mir bitte das Konzept der »smarte Textilien« erläutern?
Ich bevorzuge die beiden Begriffe »elektronische Textilien« und »e-Textilien«. Die Bezeichnung »smarte Textilien« bezieht auch Textilien aus intelligenten Materialien wie formverändernden Polymeren ein, die keine elektronische Funktionalität haben. E-Textilien bieten viele Einsatzmöglichkeiten. Viele Menschen denken zunächst anleuchtende Kleidung oder die Modebranche. Allerdings werden sich E-Textilien in diesen Bereichen wahrscheinlich erst später durchsetzen.
Kurz- und mittelfristig ist die Medizintechnik vielversprechender. Hier können wir nah am menschlichen Körper arbeiten und bequeme, atmungsaktive Systeme zur Überwachung von physiologischen Parametern entwickeln. Ein weiteres wichtiges Thema ist die Schutzbekleidung für den professionellen Einsatz. Beispielsweise könnte in die Kleidung von Feuerwehrleuten oder auch Soldaten ein Energie- und Datennetzwerk integriert werden, das es ihnen ermöglicht, im Notfall jedes tragbare Gerät anzuschließen, das sie benötigen.
Der Sportsektor bietet ebenfalls viel Potenzial. Bewegungsanalysen ermöglichen es, die Körperbewegungen von Athleten mithilfe von Textilsensoren aufzuzeichnen und daraus wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen. Muskelaktivitäten können mit einem Elektromyogramm (EMG) erfasst werden, oder es ist sogar möglich, Muskeln mit elektrischen Impulsen zu stimulieren. Zudem sind regelmäßige EKG-Messungen durch tragbare Systeme realisierbar. Alles, was das Training effizienter gestaltet und Übertraining verhindert, ist im Bereich der Wearables von großem Interesse.
Wir vergessen oft, wie vielfältig Textilien eingesetzt werden. Zu Hause treten wir auf einen Teppich und sitzen auf einem Sofa und auch unser Auto ist mit textilen Produkten ausgestattet. All diese Anwendungsbereiche bieten Potenzial, textile Produkte mit neuen Funktionen auszustatten und innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Ein Beispiel ist die Elektromobilität: In einem Elektroauto ist die Abwärme des Motors vernachlässigbar, da ein Elektromotor nicht so viel Wärme erzeugt wie ein Verbrennungsmotor. Daher muss eine Lösung gefunden werden, um den Fahrgastraum bei kaltem Wetter zu heizen. Dies könnte durch textile Heizflächen geschehen, die in die Verkleidung integriert sind.
Angesichts der vielen verschiedenen Märkte für intelligente Textilien ist es schwierig, sich auf ein einzelnes Feld zu konzentrieren. Stattdessen ist es als technologieorientiertes Forschungsinstitut sinnvoller, sich breiter aufzustellen. Wenn man sich spezialisiert, sollte dies eher auf einer der zugrunde liegenden Technologien geschehen, die dann in verschiedenen Bereichen Anwendung finden können.
Verfolgen Sie am Fraunhofer IZM einen speziellen Forschungsschwerpunkt im Bereich der elektronischen Textilien?
Die Forschung an unserem Institut konzentriert sich auf die Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT). Wir arbeiten daran, elektronische Bauteile und Komponenten effizient und materialgerecht in Textilien zu integrieren. Standard-Lötverfahren sind für viele Textilien auf industrieller Ebene nicht anwendbar. Viele Textilien sind nicht für extrem hohe Temperaturen ausgelegt und Lötverbindungen halten Waschvorgängen und mechanischen Beanspruchungen wie Biegen nicht lange stand.
Deshalb entwickeln wir Alternativen wie Klebetechnologien, bei denen die Module mechanisch und elektrisch verbunden werden. Darüber hinaus haben wir dehnbare Leiterplatten entwickelt, die nicht mehr auf Kupferfolie oder gedruckter Silberpaste basieren. Stattdessen verwenden wir voll leitfähige Stoffe, die von Natur aus sehr robust sind. Diese strukturieren wir mit einem Laser und betten sie in ein elastisches Polymer ein. Das Polymer isoliert den leitfähigen Stoff dort, wo es nötig ist, erhöht dessen Robustheit und ermöglicht eine einfache Integration in textile Produkte.
Woran arbeiten Sie derzeit noch?
Wir erweitern unsere Möglichkeiten in der Kontaktierungstechnologie und bringen diese auf größere Formate als in der Elektronikindustrie üblich sind. Textilbonding beinhalten das Verbinden von elektrischen Modulen mit Textilien, die integrierte Leiter haben. Dadurch entsteht in einem Schritt sowohl eine mechanische als auch eine elektrische Verbindung. So können viele Kontakte gleichzeitig hergestellt werden, und es wird sogar möglich, isolierte Leiter zu integrieren, wenn die Isolierung entsprechend angepasst ist. Momentan arbeiten wir an textilen Bändern, die als zusätzliches Gurtsystem für Schutzbekleidung oder als besonders robuste Gürtel für medizinische Anwendungen eingesetzt werden können.
Es ist herausfordernd, neue Produkte auf den Markt zu bringen. Wenn jedoch ein bestehendes Produktportfolio weiterhin genutzt werden kann und Sie zusätzliche Upgrades anbieten, ist diese Hürde oft geringer. Da solche Erweiterungen leicht wieder entfernt werden können, beeinflussen sie nicht die Standardlogistik, wie zum Beispiel die Reinigung. Es ist wichtig zu beachten, dass die meisten Kund*innen mit e-Textilien noch nicht vertraut sind und möglicherweise vorsichtig gegenüber dieser neuen Technologie sind.
Welche Anwendung nutzen wir bereits in unserem Alltag?
Gemeinsam mit einem Start-up und dem Fraunhofer HHI arbeiten wir an einem Projekt im Bereich der Medizintechnik. Dieses Projekt der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland zielt darauf ab, Patient*innen zu unterstützen, die ihren Tastsinn in den Händen verloren haben.
Wenn diese Patient*innen ihre Hände nicht sehen können, wissen sie nicht, ob sie etwas halten oder wie fest sie drücken. Das Fraunhofer HHI entwickelt einen Sensorhandschuh, während wir am Fraunhofer IZM eine Weste mit 16 textilintegrierten Vibrationsmotoren entwerfen. Diese Weste ermöglicht es dem Körper von Patient*innen, Informationen über Vibrationen zu empfangen, ohne auf Sehen oder Hören angewiesen zu sein.
Durch Vibrationen an sechzehn Stellen auf dem Rücken kann ein Algorithmus spezifische Informationen vom Sensorhandschuh übermitteln. Die dafür benötigte haptische Sprache wird von dem Start-up entwickelt. Das Ziel des Handschuhs ist es, Informationen zu erfassen und sie durch Vibrationen weiterzugeben.
EU-Projekt Re-Fream – Second Skins designt von Malou Beemer
Das Kleidungsbestück besteht aus drei Schichten. Unterkleid: Mit integrierten LED-Modulen, die Licht erzeugen. Diffuse Schicht: Diese verändert das Licht mithilfe von Profactor. Obere Schicht: Sie gibt dem Kleidungsstück seine
endgültige Form. Die Trägerin oder der Träger kann eigene LED-Farbmuster hochladen und sie mithilfe eines Tap- Sensors anpassen. Durch die Möglichkeit, Farben, Muster und Strukturen individuell zu gestalten, wird die Lebensdauer des Kleidungsstücks verlängert. | © Fraunhofer IZM I Patrik Klein Meuleman
Gibt es eine Technologie, die Sie entwickelt haben, auf die Sie besonders stolz sind?
Ich habe bereits die Kontakttechnik angesprochen, die wir als »Textilbonding« bezeichnen. Dieses Verfahren stammt ursprünglich aus der Mikrosystemtechnik. In der Mikroelektronik wissen wir, dass Chips mithilfe der Flip-Chip-Methode montiert werden, bei der die Kontakte direkt nach unten gerichtet sind. Wir haben diesen Prozess erfolgreich auf Textilien übertragen. Das Thema meiner Diplomarbeit war ebenfalls das Textilbonden, und seitdem habe ich die Technologie weiterentwickelt. Ich bin begeistert davon, diese Innovation bald in die Industrie zu bringen.
Wo möchten Sie in einem Jahr stehen?
E-Textilien sind schon lange ein Thema. Am Institut wurden die ersten Projekte 1999 durchgeführt, und ich arbeite seit über 12 Jahren in diesem Bereich. Aber wenn man sich in einem Kaufhaus oder draußen umschaut, sind diese Produkte immer noch sehr selten. Es gibt einige Nischenprodukte, die bereits e-textile Technologie nutzen, aber alles geht sehr langsam voran. Es wäre großartig, wenn wir den Sprung schaffen würden, all dies zu industrialisieren und wirklich bald auf den Markt zu bringen.
Wie entwickelt sich der Markt? Gibt es Konkurrenz?
Es gibt definitiv Wettbewerb in diesem Bereich. Viele unterschiedliche Ansätze sind vielversprechend und haben Potenzial. In letzter Zeit ist mir aufgefallen, dass immer mehr große Unternehmen wie Google und Microsoft in Projekte in diesem Bereich investieren. Auch viele Start-ups erhalten beträchtliche finanzielle Mittel. Man bemerkt momentan einen enormen Schub, und ich bin überzeugt, dass es früher oder später einen florierenden Markt dafür geben wird. Die Herausforderung besteht darin, sich so klug zu positionieren, dass man auch in fünf Jahren noch gefragt ist.
Verfügt das Fraunhofer IZM über spezielle Kompetenzen, um eine solche Marktstellung zu erreichen?
Wir sind im Bereich der Kontaktiertechniken, hochrobuster E-Textilien sowie Tests und Analytik sehr gut aufgestellt. Es gibt viele Institute, die sich allgemein mit E-Textilien beschäftigen, sei es aus der Perspektive der Elektronik oder der Textilindustrie. In der Regel sind sie in einem bestimmten Teilbereich stärker.
Unser Alleinstellungsmerkmal liegt jedoch darin, dass wir die verschiedenen Aspekte erfolgreich miteinander verbinden können. Unsere Ausstattung und die jahrelange Forschung haben uns viel Erfahrung eingebracht, und ich bin überzeugt, dass wir in einer hervorragenden Position sind.
Könnten Sie uns bitte einen Einblick in aktuelle Projekte geben?
Unter anderem bearbeiten wir derzeit das EU-Projekt »Refream«, in dem wir Teil des Berliner Hubs sind. In diesem Projekt präsentieren Künstler*innen ihre Ideen und beantragen Fördermittel für Technologien. Innerhalb eines bestimmten Budgets können sie die Technologien, die wir bereitstellen, nutzen, um die nächste Generation von E-Textil-Prototypen zu entwickeln.
Darüber hinaus arbeiten wir mit unseren Kolleg*innen aus dem Bereich der Umwelttechnik zusammen, um die Umweltauswirkungen dieser Ansätze und das Potenzial für eine Kreislaufwirtschaft zu untersuchen.
Ein weiteres Projekt ist das »Textile Prototyping Lab« (TPL), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Ziel ist es, ein zentrales und lokales Labor mit anderen Partnern aus Deutschland aufzubauen, in dem schnelles Prototyping intelligenter Textilien möglich ist. Viele Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMUs), haben Schwierigkeiten, das nötige textile und elektronische Fachwissen sowie die erforderlichen finanziellen und zeitlichen Ressourcen im Voraus sicherzustellen. Zudem ist es oft schwierig, Maschinenzeit für neue Projekte zu bekommen. Hier kann das Textile Prototyping Lab unterstützen. Unser Ziel ist es, Ressourcen für Textilien, Design und Elektronik sowie die notwendige Ausstattung bereitzustellen, damit Prototypen schnell hergestellt werden können.
Ist es manchmal schwierig, den Balanceakt zwischen einem ernsthaften Forscher und dem Ausprobieren, wie zum Beispiel dem Erfinden von farbwechselnden Schuhen, zu managen?
(Lacht). Es gibt Kolleg*innen, die viel Freude am Experimentieren haben, besonders weil wir am Institut viele Technologien, Geräte und Materialien zur Verfügung haben. Das macht es einfach, Ideen sofort umzusetzen, was für die Forschung wichtig ist. Leider haben wir dafür nicht immer genug Zeit.
Ich bin jedoch im Moment mit dem Weg, den meine Karriere nimmt, zufrieden. Ich betrachte alles gerne aus einer Vogelperspektive und steuere es so, dass ich am Ende dorthin komme, wo ich hinwollte. Das ist auch wichtig, wenn man vermeiden möchte, einen Tunnelblick zu entwickeln und Dinge zu entwickeln, die an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen vorbeigehen.
Alexa und Siri sind schon Teil unseres Alltags – könnten wir bald auch mit unserer Kleidung kommunizieren? Ist das ein ernsthaftes Thema?
Wenn ich von E-Textilien spreche, beziehe ich mich auf die Technologien, die dahinterstecken. Es ist eine große Herausforderung, all diese Technologien marktreif zu machen. Ein Computer hat ein robustes, stabiles Gehäuse und ist elektromagnetisch abgeschirmt. Textilien hingegen sind täglichen Bewegungen und Biegungen ausgesetzt. Zudem sind Nutzende direkt mit dem elektronischen System verbunden.
Die Textilien werden heiß und kalt gewaschen, werden nass und kommen mit Schweiß und Schmutz in Kontakt. Diese Bedingungen sind äußerst anspruchsvoll. Denken Sie nur daran, wie schnell normale T-Shirts nach ein paar Wäschen abnutzen. Wenn man nun Elektronik mit Leiterbahnen in diese Textilien integriert, deren Widerstand über die gesamte Lebensdauer hinweg gewährleistet sein muss, wird dies zu einer extremen Herausforderung.
Die Sprachsteuerung selbst muss für Kleidung nicht neu erfunden werden. Es reicht aus, ein neues Add-On bereitzustellen und anzuschließen – theoretisch ist das ein ganz normales Geschäft. Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch derzeit woanders.
Werden E-Textilien, wenn sie verfügbar sind, als Luxusgut gelten oder werden sie für durchschnittliche Verbraucher*innen erschwinglich sein?
Im Modebereich werden die Produkte wahrscheinlich anfangs teuer sein oder nicht lange halten. Die wirklich hochwertigen Produkte werden erst dann verfügbar sein, wenn die Fertigungstechnologien im professionellen Sektor etabliert sind, wie zum Beispiel in der Schutzkleidung, Medizintechnik oder im Profisport. Sobald diese Technologien soweit fortgeschritten sind, dass sie in großen Mengen und zu niedrigen Preisen produziert werden können, denke ich, dass auch erschwingliche Modeprodukte auf den Markt kommen werden.
Da Nachhaltigkeit häufig diskutiert wird, wenn es um Mode geht: Wie nachhaltig sind E-Textilien wirklich?
Neben der Rohstoffindustrie gehört die Textilindustrie zu den Branchen mit den schlechtesten Umweltauswirkungen. Das bedeutet, dass die Textilindustrie, auch ohne »intelligente« oder »E-Textilien«, unter starkem Druck steht, ihre Prozesse umweltfreundlicher zu gestalten.
Wenn Textilien jedoch in Kombination mit Elektronik auf einem hohen Integrationsniveau angeboten werden, wird dies komplizierter. Daher müssen von Anfang an sinnvolle Lösungen entwickelt werden. Eine Lösung besteht darin, Technologien zu nutzen, bei denen die elektronischen Module von den reinen Textilteilen getrennt werden können, um sie zu recyceln.
Metalle in Kleidung gibt es tatsächlich schon länger, als man denkt: Socken mit Silber zur Bekämpfung von Körpergeruch oder Reinraumanzüge. In Pflegeheimen werden häufig Silberfasern in Stoffvorhänge eingewebt, da sie antibakterielle Eigenschaften haben. Es wird eine Herausforderung sein, Metall von Nichtmetall zu trennen. Nachhaltigkeit und die Kreislaufwirtschaft werden in diesem Bereich definitiv große Herausforderungen darstellen.
Textil mit elektronischen Ziffern als temperaturresistente Anzeige für Vitalwerte in Feuerwehrjacken | © Fraunhofer IZM
Im E-Textilbereich arbeiten Sie mit Branchen zusammen, die üblicherweise nicht miteinander agieren. Stellt das ein Problem dar?
Es hat eine Weile gedauert, bis ich die Textilprofis richtig verstanden habe. Wenn man aus der Elektrotechnik oder Mikrosystemtechnik kommt und mit einem Textilprofi spricht, muss man zunächst sicherstellen, dass man die gleichen Begriffe für dieselben Dinge verwendet. Das bedeutet, dass es eine Phase der Kommunikation gibt, in der man einen gemeinsamen Nenner finden muss, bevor man mit der Arbeit beginnen kann.
Wir sind auf einem guten Weg: Viele Unternehmen nähern sich einander an und bauen Know-how in ergänzenden Bereichen auf. Es gibt viele Textilunternehmen, die multidisziplinäre Teams bilden, in denen Elektronikingenieur*innen, Chemiker*innen, Materialwissenschaftler*innen und Mediziner*innen zusammenarbeiten, um E-Textilprodukte zu entwickeln.
Wenn man sich die Fertigungstechnologien ansieht, erkennt man, dass die Mikrosystemtechnik präzises Löten, Labore und Reinräume erfordert – alles muss hochgenau und steril sein. In einer Weberei hingegen fliegen je nach Material Fasern in der Luft herum, und die Genauigkeit liegt nur im Millimeterbereich. Es wird also noch einige Jahre dauern, bis man auf der industriellen Seite einen gemeinsamen Nenner erreicht.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag im Labor aus?
Leider bin ich nur selten im Labor tätig. Die meiste Zeit verbringe ich am Computer, in Besprechungen oder am Telefon. Oft reise ich auch, um Kund*innen und Projektpartner*innen zu treffen. Zu meinen Aufgaben gehören das Verfassen von Projektanträgen, das Lesen von Projektberichten und die Sicherstellung, dass die Projekte reibungslos verlaufen.
… weil Sie die Laboraufgaben an andere delegieren?
Als Gruppenleiter hat man nicht mehr die Möglichkeit, direkt hands-on zu arbeiten. Stattdessen übernehmen das wissenschaftliche Personal, Techniker*innen und unsere Studierenden diese Aufgaben. In meiner Position bewegt man sich eher in eine Planungs- und Controlling-Rolle. Das mag auf den ersten Blick langweilig erscheinen, doch man kann dennoch viel lernen, da man Zugang zu einer Vielzahl von Informationen hat.
Suchen Sie nach Kooperationspartner*innen?
Ja, wir sind ständig auf der Suche nach Industriepartnern, die E-Textilien herstellen und unser Know-how nutzen möchten, um neue Produktionstechnologien zu entwickeln. Mit unserem umfangreichen Technologieportfolio können wir ihnen helfen, ihre innovativen Ideen erfolgreich umzusetzen.
Abschließend gefragt: 2017 wurde prognostiziert, dass bis 2021 238 Millionen intelligente Kleidungsstücke auf dem Markt sein werden. Ist das realistisch?
Dieses Interview wurde von Marieke Lienert aus der Abteilung Marketing & Business Development des Fraunhofer IZM geführt.
Add comment