Chipdesign: Das Fundament der digitalen Zukunft Deutschlands

Headerbild Chipdesign Germany | © Fraunhofer Mikroelektronik

Leistungsfähige Chips und mikroelektronische Komponenten sind das Hardware-Rückgrat der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Chipdesign ist von zentraler Bedeutung, um Innovationen für Anwendungen wie autonomes Fahren, Künstliche Intelligenz (KI) oder 6G zu entwickeln. Zugleich spielt Chipdesign eine entscheidende Rolle in der globalen Mikroelektronik-Lieferkette.

Unternehmen und Länder, die beim Entwurf mikroelektronischer Systeme an der Spitze stehen, genießen wirtschaftliche und strategische Vorteile, fördern Innovationen, generieren Arbeitsplätze und bewahren ihre technologische Führungsposition.

RealIZM sprach mit Dr. Andreas Brüning über die Relevanz des Chipdesigns für Deutschlands technologische Zukunft. Als Senior Expert für den Entwurf von mikroelektronischen Systemen bei der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) leitet er das neue Netzwerk »Chipdesign Germany«.

»Chipdesign Germany«: Ein Netzwerk für technologische Souveränität in Deutschland

»Der deutsche Halbleiter-Markt ist sehr diversifiziert. Es gibt einige große und zahlreiche kleine Unternehmen, die technologisch sehr breit aufgestellt sind. Um Deutschland als Mikroelektronik-Standort, die technologische Souveränität und Sicherheit zu stärken, ist es notwendig, die unterschiedlichen Interessen, Aktivitäten und relevanten Akteure aus Bildung, Forschung und Industrie zusammenzubringen und ihre Interessen zu harmonisieren«, erläutert Dr. Andreas Brüning die Hintergründe für die Gründung des Netzwerks »Chipdesign Germany«.

Das Netzwerk für Chipdesign in Deutschland wird von vier Kooperationspartnern getragen: edacentrum GmbH (EDAC), Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD), Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und Leibniz Universität Hannover (LUH). Dieser Verbund wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der »Designinitiative Mikroelektronik« unterstützt. Das übergeordnete Ziel ist, den Entwurf von innovativen Chip-Lösungen als Schlüsselkompetenz zu stärken und Lücken in den Designfähigkeiten in Deutschland und Europa nachhaltig zu schließen.

Zukunft des Chipdesigns: Austausch und Innovation im Fokus

»Wir möchten den Austausch darüber fördern, wie das Chipdesign der Zukunft gestaltet werden kann«, beschreibt Brüning die Zielsetzung des Verbundes. »Anstatt auf Produktebene zu konkurrieren, wollen wir die Methoden zur Entwicklung von Chips insgesamt effektiver gestalten.« Er betont, dass Chipdesign ein Überbegriff ist, der über das Schaltkreisdesign hinausgeht. Zukunftsorientierte Geschäftsmodelle und die Entwicklung von energieeffizienten sowie umweltfreundlichen Elektronikprodukten sind entscheidende Faktoren, die das Chipdesign prägen.

Je leistungsfähiger und komplexer elektronische Systeme werden, umso mehr Energie verbrauchen sie in der Regel. Die Weichen für die Umweltfreundlichkeit werden bereits in der Designphase gestellt. Brüning betont, dass die Verantwortlichen im Chipdesign eine wichtige Rolle spielen, um elektronische Produkte trotz steigender Datenraten energieeffizient zu gestalten: »Das Chipdesign beeinflusst entscheidend, wie zuverlässig, langlebig und ökologisch nachhaltig Elektronikprodukte sind.«

Das neue Netzwerk verfolgt insgesamt 12 Ziele. Dazu zählen beispielsweise, die Sichtbarkeit der deutschen Forschung rund um das Thema »Chipdesign« in Politik und Gesellschaft zu fördern, die Wissenschaftskommunikation zur Bedeutung der Mikroelektronik für Gesellschaft und Industrie zu intensivieren und die Begeisterung für mikroelektroniknahe Studiengänge frühzeitig zu wecken.

Hochschul-Allianz »Chipdesign Germany«: Vielfalt der Studiengänge und Spezialisierungen

»Es gibt nicht den einen Studiengang, um nach dem Studium mit einer Karriere im Chipdesign durchzustarten«, erläutert Brüning. »Verschiedene Studienrichtungen wie Elektrotechnik, Technische Informatik und Mikroelektronik vermitteln die nötigen Grundlagen und Spezialisierungen, um in diesem innovativen Bereich erfolgreich zu sein. Chipdesigner*innen benötigen unterschiedliche Fähigkeiten.«

Die meisten Chipdesigner*innen kommen aus der Elektrotechnik, wobei sie sich auf Bereiche wie Nachrichtentechnik oder Energietechnik spezialisieren können. Viele haben auch Physik studiert, da physikalisches Wissen für photonische und technische Anwendungen wichtig ist. Zudem gibt es Chipdesigner*innen mit einem Hintergrund in Biologie, besonders in der Medizintechnik, wo Mikroelektronik immer wichtiger wird.

Um die verschiedenen Ausbildungswege zu bündeln, haben sich über 62 Universitäten und Fachhochschulen auf Initiative des Netzwerks »Chipdesign Germany« in einer Hochschul-Allianz zusammengeschlossen, die insgesamt 150 Lehrstühle im Bereich Mikroelektronik umfasst. »Viele dieser Lehrstühle sind klein und haben nur wenige Absolvent*innen, daher ist es wichtig, diese Gruppe zu vernetzen«, führt Brüning aus.

Er verweist zudem darauf, dass in Deutschland Professor*innen die Freiheit haben, ihre Lehrinhalte selbst zu wählen und Studierende zu gewinnen. Dennoch spielt das Thema Schaltkreis- und Chipdesign in den Lehrplänen oft eine untergeordnete Rolle. Die Komplexität und die Möglichkeiten im Bereich Mikroelektronik haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Deshalb wurden in der Hochschul-Allianz acht Fachgruppen gebildet, die sich u.a. mit Themen wie digitalem Design, Analogdesign und Testintegration beschäftigen.

Networking für die Zukunft: Erstes Business-Festival für Elektronik und Informatik in Dresden

Die Entwicklungsprozesse in der Technologiebranche sind sehr komplex und anspruchsvoll. Daher werden hochspezialisierte Mitarbeitende benötigt, die Erfahrung mit Prozessdesign-Kits und Entwicklungswerkzeugen haben. Ihre Aufgaben umfassen verschiedene Rollen, darunter Systemarchitekten, Digital Designer, Analog-Spezialisten und Backend-Entwickler. Brüning weist auf die Notwendigkeit hin, Studierende aus den verschiedenen Studiengängen zusammenzubringen, um den Austausch über zukunftsorientierte Berufe in der Mikroelektronik und gesellschaftliche Themen wie Klimaschutz zu fördern.

In Kooperation mit verschiedenen Industriepartner*innen lud der VDE in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden im Sommer 2024 daher Studierende aus ganz Deutschland zum ersten deutschen Business-Festival für Elektronik, Informationstechnik und Informatik »bits, bonding, bassline« nach Dresden ein. Auf dem Festival konnten sich Studierende und Young Professionals über die vielfältige Karriereoptionen informieren und mit Firmen aus der Halbleitertechnologie, des Schaltungsentwurfes und der Informationstechnologie ins Gespräch kommen. Das Netzwerk »Chipdesign Germany« war ebenfalls mit einem Stand vor Ort. Das Festival wird am 16. Mai 2025 im Stromwerk Dresden wieder stattfinden.

Das Festival für Elektronik bietet eine einzigartige Kombination aus Live-Musik und Karrieremöglichkeiten für Studierende. | © Fraunhofer Mikroelektronik

Von der Hochschule zur Industrie: Weiterbildung in der Mikroelektronik

Die Mikroelektronik ist ein faszinierendes und ständig wachsendes Berufsfeld. Angehende Chipdesigner*innen sollten flexibel sein und bereit, während ihrer Karriere auch in andere Bereiche zu wechseln und sich mit Themen verschiedener Geschäftsfelder wie beispielsweise photonische Systeme, Hochfrequenz (HF) und Elektromobilität sowie dem Management von Batterien zu beschäftigen.

Von der Schule zur Karriere: Mikroelektronik für die nächste Generation

Die Förderung junger Talente muss laut Brüning schon vor dem Studium beginnen: »Es ist essentiell, Schüler*innen frühzeitig für Mikroelektronik und speziell für Chipdesign zu begeistern, damit sie ihre Ideen in konkrete Lösungen umsetzen können.«

Um bereits während der Schulzeit Interesse an mikroelektronikbezogenen Studiengängen zu wecken, plant das Netzwerk »Chipdesign Germany« die Zusammenarbeit mit Technik-Wettbewerben wie dem »Invent-a-Chip«-Wettbewerb für Schüler*innen. Dieser Wettbewerb ermutigt junge Menschen, kreative Ideen zur Verbesserung von Lösungen im Bereich Mikroelektronik zu entwickeln.


RealIZM-Blog-Serie »Trendthemen der Mikroelektronik« – Teil 1 & 2

Hetero-Integration: Die Zukunft der Halbleitertechnik

Das Chiplet Center of Excellence setzt neue Maßstäbe für die Automobilindustrie

Andreas Brüning | © Fraunhofer Mikroelektronik

Dr. Andreas Brüning

Dr. Andreas Brüning studierte Elektrotechnik/Nachrichtentechnik an der Fachhochschule Kiel. Er war als Entwicklungsingenieur bei Philips Semiconductors/NXP, als Leiter des Engineering Support Centers bei der sci-worx GmbH und als Direktor Technology Office bei der ZMD AG mit den Schwerpunkten auf analoge Entwurfsmethodik, physikalische Realisierung, Design Flow und Test Engineering tätig.
Später leitete er die Abteilung Effiziente Elektronik und war Chief Engineer am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS Institutsteil Entwicklung Adaptiver Systeme EAS. Seit 2008 ist er im Verband Silicon Saxony e.V., erst viele Jahre als Arbeitskreisleiter IC-Design und seit 2015 im wissenschaftlichen Beirat, tätig. Seit 2023 ist er Senior Expert für den Entwurf von mikroelektronischen Systemen bei der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD).

Katja Arnhold, Fraunhofer IZM

Katja Arnhold

Katja Arnhold ist redaktionell verantwortlich für den RealIZM-Blog des Fraunhofer IZM.

Katja hat 20 Jahre Erfahrung in der Unternehmenskommunikation und im B2B-Marketing. Sie arbeitete u.a. für zwei private Wetterdienstleister und den Weltmarktführer für alkoholische Premium-Getränke. Sie studierte Kommunikations- und Medienwissenschaften, Betriebswirtschaftslehre und Psychologie an der Universität Leipzig, hat einen Masterabschluss und ist Mitglied im Leipziger Public Relations Studentenverband (LPRS).

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